Schlafmittel: Gesund, gefährlich oder überholt??
Schlafmittel sind wie alle Medikamente erst verführerisch und werden dann gefährlich – ganz gleiche, welche Schlafmittel man in Betracht zieht: eben noch wälzte man sich ruhelos im Bett herum, schnell wirft man sich eine kleine Tablette Stilnix, Valium oder Adumbran ein und schon macht sich eine wohlige Müdigkeit breit. Die Schlafstörungen sind vergessen.
Über 1,2 Millionen Menschen in Deutschland nehmen täglich oder mindestens einmal wöchentlich Schlaf- oder Beruhigungsmittel, so die Ergebnisse einer Studie von Statista. Und wie der Arzneimittelforscher Gerd Glaeske 2014 in einer Untersuchung festgestellt hat, haben hierzulande ebenso viele Menschen eine Schlafmittel-Sucht. Denn schon nach vier bis acht Wochen regelmäßiger Einnahme werden die meisten Menschen von dem Schlafmittel abhängig und können ohne die Pillen gar nicht mehr einschlafen. Statt sich also damit zu beschäftigen, durch welche Angewohnheiten man besser schlafen kann, sind Pillen heute der Quick Fix. Die Frage ist berechtigt: Sind Schlafmittel gefährlich?
Milliardengeschäft Schlafmittel: Gesunder Schlaf gegen Umsatz-getriebene Abhängigkeit??
Für die Pharmaindustrie bedeutet das ein Milliardengeschäft: Wie Berechnungen des amerikanischen Marktforschungsunternehmens BCC Research ergaben, verkaufte sie allein 2014 weltweit Schlaftabletten und schlaffördernde Mittel im Wert von 58 Milliarden US-Dollar. Bis 2019 soll der Absatz sogar noch auf 76,7 Milliarden Dollar anwachsen.
Allerdings hat das große Geschäft mit dem Schlafmittel eine gefährliche Schattenseite. Die Nebenwirkungen sind gravierend. Schon nach vier bis acht Wochen regelmäßiger Einnahme werden die meisten Menschen nach den Schlafmitteln süchtig und können ohne Tabletten nicht mehr einschlafen. Hinzu kommen Nebenwirkungen, die gerade ältere Menschen oft nicht erkennen, da sie wie Altersbeschwerden wirken: Sie stürzen leichter, weil die Schlafmittel eine starke muskelentspannende Wirkung haben. Bei langfristiger Einnahme von Schlafmitteln kann zudem die Hirnleistung sinken, so dass die betroffenen Menschen auch immer stärker das Interesse an ihrem Umfeld verlieren.
Und noch etwas spricht dagegen, Schlaftabletten zu schlucken: Der Schlaf, den sie künstlich erzeugen, ist nicht ansatzweise so erholsam, wie der natürliche Schlaf. Das liegt an der Wirkungsweise der Hypnotika. Sie verändern die Architektur des Schlafes: Der besonders erholsame Tiefschlaf wird durch die sogenannten Benzopiazepine unterdrückt und auch die REM-Phasen, die Zeit, in der wir intensiv träumen, wird kürzer. Das spürt man auch am nächsten Morgen: Oft fühlt man sich noch bis mittags völlig schläfrig und schwindelig. Das Reaktionsvermögen ist eingeschränkt, Autofahren sollte man daher auf keinen Fall.
“Gesunde” Schlafmittel? Oder eher gesunde Alternativen?
Diese Probleme haben inzwischen auch Pharmazeuten erkannt: Moderne Hypnotika, die sogenannten Nicht-Benzodiazipine, die viele Ärzte mittlerweile oft verschreiben, sollen daher nur dafür sorgen, dass unser Gehirn runterfährt, ohne den Schlaf zu erzwingen. Zunächst hieß es auch, dass sie weniger schnell abhängig machen. Doch nach neueren Studien unterscheiden auch sie sich von den Benzodiazepinen - weder in den Nebenwirkungen noch im Suchtpotential. Grundsätzlich gilt daher: Schlafmittel sollte man nur in echten Ausnahmefällen nehmen.
Häufig sind Schlafmittel auch gar nicht nötig: Bevor man zum Arzt geht und sich die Tabletten verschreiben lässt, gibt es noch viele andere Maßnahmen, die einem helfen, den Schlaf zu verbessern: Entspannungsübungen oder eine kurze Meditation, ein Einschlaftee, ruhige Musik, ein heißes Bad vor dem Schlafengehen, eine gute Matratze und einige Tropfen Lavendelöl auf dem Kopfkissen wirken häufig viel besser als jede Tablette. Eine gute Schlafberatung kann da schon helfen.